
Andre Schürrle ist gewiss keiner, der nur die triumphalen Sonnenseiten des Fußballs kennengelernt hat. Während sich andere Spieler nicht aus ihrer Komfortzone heraus wagen, ging Schürrle den Schritt in die große weite Fußballwelt vielleicht ein wenig zu früh, könnte man sagen. Der Stern des damaligen Youngsters ging in Mainz auf. Beim beschaulichen Karnevalsverein hätte er sich einige Jahre lang entwickeln können, ehe aus ihm ein gestandener Bundesliga-Profi geworden wäre. Schürrle aber zog es schon bald nach Leverkusen. Wollte er sich etwa bei der Werkself durchsetzen und eine feste Größe werden? Auch das nicht, denn nach nur zwei Jahren lockte der FC Chelsea. Der Stürmer ging den Schritt in die Premier League und war dort nicht unbedingt so erfolgreich, wie er es sich gewünscht hatte. Und dennoch: Seinen größten Erfolg feierte er, als er bei den Blues unter Vertrag stand. Nicht aber im Trikot der Londoner, sondern im Jersey der deutschen Nationalmannschaft, damals noch mit drei Sternen.
Weltmeister – und dann?
Am 13. Juli 2014 war es Schürrle, der einen Geistesblitz hatte, auf der linken Seite durchbrach und den Ball punktgenau zu Mario Götze brachte. Tor, Weltmeister, Ausnahmezustand! Diesen Moment wird man für immer mit Andre Schürrle verbinden. Nach dem Titelgewinn zog es ihn zum VfL Wolfsburg und schließlich zu Borussia Dortmund. Als 30 Millionen-Mann lastet ein gehöriger Druck auf ihm, das viele Geld in Tore umzumünzen. Dieser Druck war, wie sich später herausstellte, wohl zu groß. Nach Leihen zu Fulham und Spartak Moskau wurde sein Vertrag beim BVB aufgelöst, bei Schürrle reifte schließlich die Entscheidung, seine Karriere zu beenden. Zwar liebe er das Fußball spielen, doch Lust, weiterhin eine Rolle zu spielen, hatte er nicht. Für die Entscheidung des Familienvaters, Tochter Kaia ist ein Jahr alt, hatten viele, fast alle, Verständnis. Aber warum eigentlich? Schließlich ist Schürrle nicht der erste, der seine Karriere freiwillig mit 29 Jahren beendet.
Wenig Rückdeckung für Marcell Jansen
Vor fünf Jahren hängte ein gewisser Marcell Jansen, damals 29 Jahre alt, seine Fußballschuhe an den Nagel. Unvergessen ist die Reaktion von Rudi Völler. „Dafür habe ich kein Verständnis. Wer so etwas macht, hat den Fußball nie geliebt. Wenn einer so früh aufhört, ohne verletzt zu sein, dann ist das ein Schlag ins Gesicht für jeden Sportinvaliden oder Jugendlichen, der irgendwann mal Fußballprofi werden will.“ Jansen wollte sich das natürlich nicht bieten lassen. „Herr Völler hatte Recht, das Fußball-Geschäft habe ich nie geliebt aber akzeptiert, denn das Fußball-Geschäft hat mir vieles ermöglicht und dafür bin ich sehr dankbar.“ Eine Erläuterung, die auch bei Schürrle zutrifft: Den Fußball wird er immer lieben, das Business Fußball aber muss nicht sein. Schürrle wird es egal sein, was man von seiner Entscheidung hält. Und doch ist es ein schönes Gefühl, mit Applaus von der Bühne zu verschwinden.