
Paris. Ring frei zur letzten Runde. In der einen Ecke: Thomas Tuchel, der Trainer, der auch die Transferpolitik des Vereins so manches Mal kritisierte. In der anderen Ecke: Sein Gegenspieler, Sportdirektor Leonardo. Der Mann, der auf die kritischen Worte des Übungsleiters einst antwortete: „Wenn er bleiben möchte, muss er die Sportpolitik und die internen Regeln respektieren.“ Nun also darf Tuchel nicht bleiben.
PSG gibt zwei Spieler ab – Tuchels Kritik kommt nicht gut an
Oder anders formuliert: Leonardo hat seinen Kopf noch gerade rechtzeitig aus der Schlinge gezogen. Weil der brasilianische Sportdirektor ebenso immer mehr unter kritischer Beobachtung von Vereinsboss Nasser Al-Khelaifi gestanden hatte – und auch ohne Tuchel wohl nach wie vor noch steht. Größter Stein des Abstoßes dieses Duells waren seinerzeit zwei Transfers, die dem deutschen Trainer überhaupt nicht geschmeckt hatten. Und das äußerte Thomas Tuchel dann eben auch öffentlich.
Denn Paris SG hatte mit Tanguy Kouassi eine vielversprechendes Talent zu den Bayern nach München ziehen lassen. Eines, das zuvor unter Tuchel immer mehr Vertrauen und Einsatzzeit bekommen hatte. Thiago Silva wurde darüber hinaus in Richtung London an den FC Chelsea abgegeben. Für Leonardo alles weniger problematisch. Sein Kommentar zu Tuchels Kritik: „Seine Aussage hat uns nicht gefallen. Dem Klub gefiel es nicht, und mir persönlich gefiel es auch nicht.“
Im Sommer wäre der Vertrag sowieso ausgelaufen
Für die beiden Abgänge bekam der deutsche Trainer dann mit Rafinha einen Mittelfeldspieler, den er ebenso wenig wollte wie Stürmer Moise Kean. Eine späte Retourkutsche mit personellen Konsequenzen folgte am Ende Heiligabend: Da teilte Paris Thomas Tuchel mit, dass er nicht mehr Trainer von PSG sei. Wohlgemerkt ein halbes Jahr bevor sein Vertrag ohnehin geendet hätte. Es hätte also weitaus elegantere (und auch günstigere) Optionen gegeben, Thomas Tuchel vom Hof zu jagen. Ohne jeden faden Beigeschmack sogar.
So aber muss fast die Schlussfolgerung Gültigkeit besitzen, dass Leonardo diesen Zeitpunkt ganz genau so geplant hatte. Denn Platz drei in der Ligue Un kann kaum die Begründung sein. Paris SG hat bislang 35 Punkte eingefahren und die meisten Siege in der französischen Meisterschaft erspielt (11). Olympique Lyon und OSC Lille kommen nur auf einen Zähler mehr. Vor allem aber ist Paris Saint-Germain mitnichten die einzige Top-Mannschaft, die in Corona-Zeiten Probleme mit dem straffen Spielplan hat. Fragt nur mal dem FC Bayern nach. Auch Münchens Matches waren nicht immer allererste Sahne. Und zu guter letzte steht PSG ja auch im Achtelfinale der Champions League. Doch gegen den FC Barcelona wird dann ein anderer Trainer auf der Bank sitzen. Thomas Tuchel ist in Paris Geschichte.